Viele Eltern kennen ihn, diesen Satz, der fast beiläufig fällt – als Teil der Erziehung, wie man sie selbst erlebt hat:
„Ein Klaps auf den Po hat noch keinem geschadet.“
Aber genau hier lohnt es sich, innezuhalten. Denn dieser Spruch steht heute im Widerspruch zu allem, was wir über kindliche Entwicklung wissen – und vor allem zum gesetzlich verankerten Recht auf gewaltfreie Erziehung.
Seit dem Jahr 2000 ist in Deutschland gesetzlich geregelt: Kinder dürfen nicht geschlagen, erniedrigt oder beschämt werden – weder „leicht“, noch im Affekt. Warum dieses Recht nicht nur auf dem Papier, sondern auch im Alltag zählt – das zeigen wir in diesem Artikel mit wissenschaftlichen Erkenntnissen, jurischer Einordnung und konkreten Handlungstipps für Eltern.
📌 Das Wichtigste in Kürze
Thema | Warum es zählt |
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§ 1631 Abs. 2 BGB | Seit 2000 ist körperliche und seelische Gewalt in der Erziehung verboten. |
Studienlage | Klapse führen zu Angst, Aggression – keine Verhaltensverbesserung. |
Gesellschaft im Wandel | Zustimmung sinkt – jüngere Generation lehnt Gewalt stärker ab. |
Alternativen | Liebevolle Erziehung mit klaren Regeln statt körperlicher Bestrafung. |
Eltern unterstützen | Beratung und Hilfsangebote sind leicht zugänglich – du bist nicht allein. |
📚 Inhaltsverzeichnis
- Das Recht auf gewaltfreie Erziehung: Gesetz, Bedeutung und Konsequenzen
- Was Forscher:innen heute wissen – jenseits alter Mythen
- Seelische Gewalt – kleiner Ruck, große Wirkung
- Wie Eltern liebevoll und konsequent Grenzen setzen können
- Kinder schützen und stärken statt brechen
- Fazit – liebevoll, klar, gewaltfrei
- Wo Eltern Unterstützung finden
Das Recht auf gewaltfreie Erziehung: Gesetz, Bedeutung und Konsequenzen
Als du klein warst, war ein leichter Klaps vielleicht normal. Denn die Erziehung in Zeiten der DDR war eine andere. Aber der Gesetzgeber hat im Jahr 2000 entschieden: Damit ist Schluss.
§ 1631 Absatz 2 BGB lautet seitdem:
„Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.“
👉 Zur Gesetzesquelle (gesetze-im-internet.de)
Das ist mehr als Symbolik. Es ist ein klares Statement: Gewalt – auch in scheinbar harmloser Form – hat in der Erziehung keinen Platz. Ein „Klaps“ ist keine pädagogische Maßnahme, sondern eine Grenzüberschreitung – rechtlich wie menschlich.
Auch Gerichte und Jugendämter sehen das so. Wer regelmäßig körperliche Bestrafung ausübt, riskiert familiengerichtliche Auflagen, Sorgerechtsprüfungen oder sogar strafrechtliche Konsequenzen.
Was Forscher:innen heute wissen – jenseits alter Mythen
„Ich hab auch mal einen Klaps bekommen, und mir hat’s nicht geschadet.“ – dieser Satz ist weit verbreitet, aber er hält wissenschaftlicher Prüfung nicht stand.
Laut einer großen Meta-Analyse von Gershoff & Lee (2021) in The Lancet wurde in 69 internationalen Studien gezeigt:
- Es gibt keinen positiven pädagogischen Effekt.
- Stattdessen steigt die Wahrscheinlichkeit für:
- Aggressives Verhalten
- Angst und Rückzug
- Störungen der Eltern-Kind-Bindung
- Psychische Erkrankungen im Jugend- und Erwachsenenalter
Die deutsche UNICEF/Ulm-Studie (2024/25) zeigt ebenfalls: Die Zustimmung zu körperlicher Bestrafung sinkt – aber immerhin 30 % der Menschen finden den Klaps noch akzeptabel. Besonders in der Generation 60+ ist die Zustimmung hoch.
Was die Studie auch zeigt: Menschen, die selbst als Kinder Gewalt erlebt haben, halten sie signifikant häufiger für zulässig. Gewalt wird also oft weitergegeben – ein Teufelskreis, der dringend durchbrochen werden muss.
Seelische Gewalt – kleiner Ruck, große Wirkung
Körperliche Strafen sind sichtbar. Seelische Gewalt ist subtiler – aber mindestens genauso schädlich. Oft sind es Worte, Blicke oder Ignorieren, die Kinder tief verunsichern.
Beispiele für seelische Gewalt:
- Beschämung („Du bist peinlich!“)
- Drohungen („Wenn du das machst, hab ich dich nicht mehr lieb“)
- Schweigen oder Liebesentzug
- Ständiges Kritisieren
Kinder, die das regelmäßig erleben, entwickeln häufiger:
- Geringes Selbstwertgefühl
- Soziale Ängste
- Schulprobleme
- Rückzugsverhalten oder Wutanfälle
Gerade weil diese Form von Gewalt unscheinbar wirkt, wird sie oft übersehen – oder nicht ernst genommen. Dabei ist sie ein klarer Verstoß gegen das Recht auf gewaltfreie Erziehung.
📎 Lies hier mehr über gewaltfreie Kommunikation

Wie Eltern liebevoll und konsequent Grenzen setzen können
Gewaltfreiheit bedeutet nicht, dass alles erlaubt ist. Kinder brauchen Regeln, Halt und Orientierung – und sie lernen besonders gut, wenn sie sich sicher und respektiert fühlen.
Hier ein paar alltagstaugliche Alternativen:
✅ Konsequenzen statt Strafen
→ Beispiel: „Wenn du das Spielzeug wirfst, räumen wir es für heute weg.“
✅ Klar sprechen, nicht schreien
→ „Ich sehe, dass du wütend bist – lass uns eine Lösung finden.“
✅ Fehler zugeben & sich entschuldigen
→ Auch Eltern dürfen sagen: „Das war zu viel. Es tut mir leid.“
✅ Hilfe annehmen
→ Elternkurse wie „Starke Eltern – starke Kinder“ (DKSB) sind kostenlos oder gefördert.
Kinder schützen und stärken statt brechen
Internationale Studien zeigen: In Ländern, die das Recht auf gewaltfreie Erziehung gesetzlich verankert haben, sinkt die Gewalt unter Jugendlichen deutlich. Das betrifft nicht nur Familien, sondern auch Schulen und soziale Räume.
In Deutschland trägt der gesetzliche Schutz dazu bei, dass:
- weniger Kinder körperliche oder seelische Gewalt erleben
- Eltern mehr Unterstützung erhalten
- eine gewaltfreie Erziehung zur gesellschaftlichen Norm wird
Kinderrechte sind keine Theorie – sie wirken im Alltag. Und sie helfen, dass unsere Kinder selbst zu starken, mitfühlenden Erwachsenen werden können.
Fazit – liebevoll, klar, gewaltfrei
„Ein Klaps hat noch keinem geschadet“ – dieser Satz gehört endgültig in die Mottenkiste. Heute wissen wir:
- Kinder haben ein gesetzlich verankertes Recht auf gewaltfreie Erziehung
- Körperliche und seelische Gewalt schadet – auch dann, wenn sie „nicht schlimm gemeint“ ist
- Es gibt bewährte, alltagstaugliche Erziehungsalternativen – liebevoll und konsequent zugleich
Wenn du dich als Mutter oder Vater fragst, ob du es „richtig“ machst – du bist nicht allein. Sich zu hinterfragen, sich Hilfe zu holen, Neues zu lernen: Das ist kein Scheitern. Es ist Stärke.
Wo Eltern Unterstützung finden
📞 Hilfe & Beratung | 📍 Kontakt & Link |
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Elterntelefon (kostenfrei) | 📞 0800 111 0 550 – anonym & vertraulich |
Bundeskonferenz für Erziehungsberatung (bke) | 🌐 www.bke.de |
Kinderschutzbund (DKSB) | 🌐 www.dksb.de |
Elternratgeber Kindergesundheit | 🌐 www.kindergesundheit-info.de |
Kurse & Hilfen vor Ort | z. B. über Jugendamt, Familienzentren, elternsein.info |