Kindererziehung in der DDR: Kontrolle, Gehorsam und Ideologie

Die Kindererziehung in der DDR war nicht nur eine private Angelegenheit der Familien, sondern wurde intensiv vom Staat kontrolliert und gelenkt. Unter dem Einfluss des Erziehungsbuches „Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind“ prägte eine Ideologie, die auf Gehorsam und Kollektivbildung abzielte, das Leben von Millionen von Kindern. Doch welche psychologischen Spuren hinterließ diese strenge Kindererziehung in der DDR?

📋 Das Wichtigste in Kürze

ThemaDetails
Staatliche KontrolleDer Staat übernahm wesentliche Erziehungsaufgaben, um sozialistische Werte früh zu vermitteln.
FrüherziehungKinderkrippen und Kindergärten waren zentrale Institutionen der staatlichen Betreuung ab dem Säuglingsalter.
ErziehungszieleDas Ziel war die Erziehung zur „sozialistischen Persönlichkeit“.
Einfluss des Buches „Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind“Disziplin, Gehorsam und emotionale Distanz standen im Vordergrund.
Langfristige AuswirkungenPsychologische Folgen wie emotionale Kälte und eingeschränkte Autonomie prägten die betroffene Generation.

🔍 Inhaltsverzeichnis

  1. Einführung: Die Rolle der Kindererziehung in der DDR
  2. Früherziehung in der DDR: Kinderkrippen und Kindergärten
  3. Ideologische Erziehung und die Polytechnische Oberschule
  4. Einfluss des Buches „Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind“
  5. Psychologische Auswirkungen der DDR-Erziehung
  6. Autonomie und Gehorsam im sozialistischen System
  7. Fazit: Eine Generation unter staatlicher Kontrolle

1. Einführung: Die Rolle der Kindererziehung in der DDR

In der DDR spielte die Kindererziehung eine zentrale Rolle in der staatlichen Kontrolle über die Bevölkerung. Der Staat verfolgte das Ziel, Kinder frühzeitig nach sozialistischen Werten zu formen und somit die Erziehung zur sozialistischen Persönlichkeit zu gewährleisten. Der Einfluss der Familie wurde minimiert, während die Schule, Kinderkrippen und Organisationen wie die FDJ das Leitbild des Staates vermittelten.

2. Früherziehung in der DDR: Kinderkrippen und Kindergärten

Bereits ab dem Säuglingsalter wurden Kinder in staatlich geführte Kinderkrippen geschickt. Das ermöglichte es den Eltern, vor allem den Frauen, schnell wieder in den Arbeitsprozess einzutreten. Dabei ging es jedoch nicht nur um die wirtschaftliche Effizienz, sondern auch um die staatliche Einflussnahme auf die Kindererziehung in der DDR. Die Kollektiverziehung war der Schlüssel, um die nächste Generation nach den ideologischen Vorgaben der SED zu formen.

🏫 Tabelle: Wichtige Institutionen der Früherziehung

InstitutionAlter der KinderZiele
Kinderkrippe0 – 3 JahreFrühzeitige staatliche Betreuung, Entlastung der Eltern
Kindergarten3 – 6 JahreSozialisation in die Gemeinschaft, erste Erziehung zur Disziplin
Polytechnische SchuleAb 6 JahrenVorbereitung auf das Arbeitsleben, Erziehung zur sozialistischen Persönlichkeit
Quelle: Programmierte Früherziehung in der DDR – Einordnung ins Kinderkollektiv (1966)

3. Ideologische Erziehung und die Polytechnische Oberschule

Nach der Früherziehung in der DDR ging es für die Kinder in die Polytechnische Oberschule (POS), eine zentrale Institution im DDR-Bildungssystem. Hier stand der marxistisch-leninistische Unterricht im Vordergrund, um die Schüler auf ihre Rolle als sozialistische Bürger vorzubereiten. Fächer wie Staatsbürgerkunde und Produktive Arbeit prägten den Schulalltag.

4. Einfluss des Buches „Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind“

Das Erziehungsbuch „Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind“, geschrieben von Johanna Haarer, hatte großen Einfluss auf die Erziehung in der DDR, auch wenn es ursprünglich in der Zeit des Nationalsozialismus populär war. Die darin propagierten Erziehungsprinzipien wie emotionale Distanz und Gehorsam passten perfekt zur Vorstellung einer kollektiven und autoritären Kindererziehung in der DDR.

Das Buch propagierte eine Erziehungsmethode, die aus heutiger Sicht als kalt und herzlos empfunden wird. Haarer empfahl, das Kind nach der Geburt von der Mutter zu trennen und es in einem eigenen Raum unterzubringen. Säuglinge sollten in den ersten 24 Stunden nach der Geburt allein gelassen und erst danach zum Stillen zur Mutter gebracht werden. Dies sollte die Bindung zwischen Mutter und Kind von Anfang an schwächen.

Haarer riet Müttern, ihre Kinder nicht zu verwöhnen und sie schreien zu lassen, um die Lungen zu stärken und sie abzuhärten. Diese Methoden zielten darauf ab, die Beziehungsfähigkeit zu unterdrücken und die Kinder zu gehorsamen Mitgliedern der Gesellschaft zu erziehen. Körperliche Zuneigung und emotionale Wärme wurden als schädlich und verweichlichend betrachtet. Haarer schrieb, dass die „Überschüttung des Kindes mit Zärtlichkeiten“ vermieden werden sollte, da dies das Kind verderben würde.

Viele dieser Erziehungsmethoden die Sinnbild für die Kindererziehung in der DDR sind, wirken aus heutiger Sicht unvorstellbar und widersprechen modernen Erkenntnissen der Entwicklungspsychologie. Dennoch haben einige dieser Ideen überlebt und beeinflussen als allseits bekannte Erziehungsmythen noch heute Erziehungskonzepte, wie die Vorstellung, dass man Kinder durch zu viel Zuneigung „verwöhnen“ könnte.

Quelle: Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind

📚 Empfohlene Lektüre:
Wikipedia: Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind – Ein Einblick in das Buch und seine Auswirkungen auf die Erziehung.

5. Psychologische Auswirkungen der DDR-Erziehung

Die psychologischen Folgen der Erziehung in der DDR sind tiefgreifend. Viele ehemalige DDR-Kinder berichten von einem Gefühl der emotionalen Kälte und mangelnder Fürsorge. Die frühe Trennung von den Eltern und die staatliche Überwachung führten zu Problemen wie Bindungsstörungen und eingeschränkter Autonomie.

🧠 Tabelle: Psychologische Folgen der Kollektiverziehung

AuswirkungBeschreibung
Emotionaler RückzugKinder entwickelten häufig Schwierigkeiten, emotionale Nähe zuzulassen.
Gehorsam über AutonomieEigenständigkeit wurde oft unterdrückt zugunsten von Gehorsam gegenüber Autoritäten.
BindungsstörungenDie frühe Trennung von den Eltern führte zu Unsicherheiten in der Bindungsfähigkeit.

6. Autonomie und Gehorsam im sozialistischen System

Die Autonomie des Individuums hatte in der Kindererziehung in der DDR kaum Bedeutung. Vielmehr stand der Gehorsam im Vordergrund, der bereits in der Früherziehung in der DDR gefördert wurde. Kinder lernten früh, dass ihre eigenen Bedürfnisse zugunsten des Kollektivs zurückgestellt werden mussten. Diese Ideologie zog sich durch alle Lebensbereiche, von der Schule bis hin zur FDJ.

7. Fazit: Eine Generation unter staatlicher Kontrolle

Die Kindererziehung in der DDR war ein Werkzeug der sozialistischen Ideologie, die darauf abzielte, eine generationenübergreifende sozialistische Persönlichkeit zu schaffen. Doch dieser Versuch, die Individualität zugunsten des Staates zu unterdrücken, hatte tiefgreifende psychologische Auswirkungen auf die Kinder dieser Zeit. Das Buch „Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind“ verstärkte diesen Trend, indem es emotionale Kälte und Gehorsam als Erziehungsziele hervorhob. Heute wird diese Form der Erziehung stark kritisch betrachtet, da sie die emotionale und psychologische Entwicklung vieler Kinder hemmte.

🌐 Externe Ressourcen und weiterführende Informationen:

Artikel: Psychologische Auswirkungen der DDR-Erziehung – Analyse der psychologischen Folgen.

Buch: Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind – Detaillierte Informationen zum Einfluss des Buches.

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